Homöopathische Mittel für den Zeitgeist

Eine astrologisch-homöopathische Betrachtung.

 

Qualität der Zeit bildet sich ab im Menschen und zugleich durch den Menschen indirekt, in seiner Auseinandersetzung mit ihr, in erschaffenen und entstandenen Gestalten und Formen.

 

So der Mensch selbst Zeit ist, ist Gegenwart das Ergebnis der Auseinandersetzungen des menschlichen freien Willens mit sich Selbst, wobei das Selbst ein Unbewußtes beinhaltet, welches dem bewußten Willen unzugänglich, und das als solches weitgehend Welt in der jeweiligen Zeit als Gegenwart erschafft.

 

Zum Wesen von Darstellung und Bestimmung von Gegenwart gehört implizit das Verlangen nach Nutzbarmachung.

Automatisch und unvermeidbar entsteht hier ein Konflikt zwischen dem freien, veränderlichen Fluss von Wirklichkeit mit den Bestimmungen des Subjekts im freien Willen, den ererbten Erfahrungen und anderen biologischen Mechanismen.

 

An den Grenzen zum Gestaltlosen sind diese Bestimmungen der Subjekte vermindert, an ihren Grenzen kann Wahrheit bestehen. So lange muss man warten.

 

Also steht bei der Betrachtung der Frage eines "Mittels für die Zeit" leicht ein Verlangen nach Nutzung im Vordergrund. Dabei ist es sinnvoll in Betracht zu ziehen, daß eine solches Verlangen vom Subjekt ausgeht, somit ein Subjekt zur Grundlage hat, und das Vorhandensein des Subjekts bestätigt. Eben dies schließt die Möglichkeit der Kontrolle der Entwicklung der Gestalt der Zeit (der Zeitqualität) aus. Das Subjekt ist das "Unterworfene", welches nur als Gesamtheit, mit dem Objekt (den äußeren Bestimmungen), Zeit ist.

 

In einer solchen Betrachtung ist das Objektive das Unbewusste des Subjekts. Buddha nannte dieses auch "Karma" (unbewußt und allmächtig).

 

[Dabei ist aus astrologischer Sicht der buddhistische Karmabegriff ein Sammelbegriff für alle Bestimmtheiten des Individuums in der Zeit, im Bild das gesamte Horoskop, dessen einzelne Elemente verschiedene Aspekte des Karmas zeigen. Davon zu Unterscheiden ist das Zeichen Widder mit Aszendent und Mars, "der Wille zu leben", der überhaupt erst das Rad der Existenz in Bewegung setzt, indem er aus dem Gestaltlosen des Zeichens Fische durch Verlangen in den Vordergrund als Existenz treibt.]

 

Ein Sinn der Bestimmung eines astrologisch-homöopathischen Mittels für den Zeitgeist kann demgemäß nur im Bestreben nach einem zeitgemäßen und damit sinnvollen Ausdruck der Zeit liegen.

Dies gilt insbesondere, wenn diese objektiven Inhalte den Verlangen oder den Vorstellungen der Subjekte zuwiderlaufen, oder wenn lange andauernde Bevorzugungen von Werten der Subjekte durch den Willen zu Dekompensationen führen.

 

Ein zeitgemäßer Ausdruck des Selbst: wie kann das gelingen, wenn gerade das Subjekt voller Seinsgenuss, Verlangen oder Leid ist?; wenn der Wille zu Leben, den das Subjekt in sich findet, es zu jeder nur erdenklichen Selbsttäuschung treibt, es jede Qual hinnehmen lässt, ihm keine Anmaßung zu viel wird, es jede Erniedrigung ertragen lässt, und jede erbärmliche und lächerliche Ausübung von Tätigkeit sogar noch als Glück bezeichnen lässt.

 

Gäbe es eine Hilfe von außen, etwa in Form eines Heilmittels, einer Methode oder Person, oder wie auch immer... Es wäre immer etwas Objektives, das von außen kommend eine Veränderung im Subjekt bewirkte... Ein solches, kausales Geschehen mag man als Karma bezeichnen, eine aus dem Unbewußten erscheinende Wirkung als Objektives.

 

Doch für den Sinn des Individuums wäre solches, von außen bewirktes Geschehen sinnlos (wenngleich möglicherweise nützlich). Denn von außen kommendes Objektives ist für das Subjekt Erscheinung seines Unbewußten. Dieses Unbewußte heißt so, weil es eben nicht bewußt ist, und nicht bewußt wird. Es könnte allenfalls gedeutet werden. Als Unbewußtes kann es nicht das befördern, was der sinnhafte Kern des Individuums ist: den freien Willen.

 

Wie kann dann nun das Subjekt erkennen, wo ein Prinzip des Wirklichen gegenwärtig ist, wenn das objektive Äußere Unbewußtes ist?

 

Der Schlüsselbegriff ist Modell. Vermittelte Wirklichkeit äußert sich in Modellen, alle Wahrnehmung des Realen ist Wahrnehmung von Modellen. Auch Lebewesen und Pflanzen entwickeln sich in Modellen, so wie die Realität, die den Menschen als Kultur umgibt. Das Subjekt erkennt meist nur dann etwas (an), wenn es einem Modell entspricht - deshalb geht das Streben der Subjekte dahin, Modelle zu schaffen und zu erfüllen. Doch in Modellen ist keine Wirklichkeit - eine solche liegt nur in individuellen Formen, und sie ergäbe sich nur ahnungsweise aus der Deutung von Modellen.

 

Wirklichkeit ist dort, wo kein Modell sie verhüllt oder verstellt. Dies bedeutet, dass das Subjekt sie nicht erkennen will, denn sie hat keinen Wert. Etwas, daß keinem Modell entspricht, das ist dem Subjekt nichts. So ist der Gottsuchende, der mit seiner Schale von Haus zu Haus geht, ein geachteter Mönch, so er sich dem Modell des Mönchstum unterwirft. Unterwirft er sich nicht einem Modell, ist er ein zu verachtender Landstreicher. In diesem Sinne unterscheiden sich der Mönch und Bürger nicht - beide werden im Modell keinen Lebens-Sinn erreichen können. Allerdings brauchen sie ihn im Modell auch nicht mehr - das Modell beruhigt und betäubt im Ritual der Ausübung.

 

Die Unterwerfung des Subjekts in ein Modell ist sinnlos, sie ist Zeichen, daß das Subjekt im Unbewußten (Objektiven) verbleibt. Dies gilt für Identifikation mit jeglichem Modell, sei es Familie, Fortpflanzung, Sexualität, Beruf, Nestbau, Emotionalität ... usw.

 

Geschickte Subjekte, die diesen Konflikt bemerkten, haben hier das Prinzip des "Herrgottsbescheißerle" erfunden, mit seiner Hilfe wird das Gewissen beruhigt, während man das Falsche tut, ein Weg zum Genuß der Sinnlosigkeit der Subjekte.

 

Die Beruhigung der Angst, der Genuß der Sinne und Beziehungen geschieht über Modelle. In der digitalen Realität des Jahres 2021 A.D. erscheinen die Funktionen und Inhalte der digitalen Benutzeroberflächen gerne in Form von Kacheln: jede Kachel ist Zugang zu einem Modell.

 

Das "Herrgottsbescheißerle" zeigt sich auch in Illusionen, die die Suche der Subjekte nach Licht, Leichtigkeit, Genuß und Glück begleiten. So wird das gestaltlose Wirkliche (das eigentlich im Bewußtsein nichts und wertlos ist) zum ergänzenden Glücks-Modell erhoben, welches sich im Ideal, bei hinreichender Unterwerfung, das Subjekt verfügbar machen könne.

 

Das ist eine Illusion, die zum einen von guten Schauspielern inszeniert und aufrecht erhalten wird; dies gelingt vielen Zeitgenossen gut, da Welt virtuell inszeniert wird (unter Begriffen wie: Projekt, Therapie, Workshop, Social Media), anstatt sie mit realen Konsequenzen zu erfahren.

 

Zum anderen hilft die Illusion die Wahrnehmung der eigenen Realität der Subjekte im Jahr 2021 A.D. zu verschleiern:

 

Das häufige Wiederholen der gleichen Dinge; Reden, deren Antworten man schon kennt; die Ausübung von Tätigkeiten, die nicht erfüllend und die vorhersehbar sind; das Tun von sinnlosen, immer gleichen Dingen, zwanghaft; das Reden des immer Gleichen; die regelmäßige Einnahme von chemischen (medizinischen) Substanzen; der zunehmende Untergang der Subjekte, die nicht (mehr) Anforderungs-Modellen genügen. Vor allem aber der Glaube an ein in Modellen organisiertes Leben, der Individuen zu einem organisierten Volkskörper macht, dessen Teilnehmer sich wie selbstverständlich als Sekretäre und Manager betätigen.

 

Ein Großteil der Existenz besteht im Jahre 2021 A.D. aus Modellen. Diese werden immer weiter differenziert und unterteilt. Ganz anders hatte ein indianischer Waldbewohner keine Zahlen in Gebrauch; fragte man ihn, wie viele Kinder er habe, sagte er "viele", dabei war es gleichgültig, ob das drei oder 13 waren. Er hatte kein Modell für die Anzahl - solche Nicht-Anwesenheit von Modellen erlaubte es ihm, in Gegenwart zu sein als Zeit, mit Zeit in seiner Umwelt.

 

Ein Dasein in der Gegenwart 2021 A.D. ist weitgehend zur Ausübung von Lebens- und Existenz-Modellen geworden. Diese ist so verbreitet, daß es von der Masse kaum noch bemerkt wird. Sie wirkt selbst in Bereichen von Genuß und Emotionalität.

[Astrologisch: Emotionalität im Zeichen Sonne wird beherrscht von der Rückseite Pluto (MRL), so beherrscht von Vorstellungen, Zwängen, Werten und ererbten, biologischen und sozialen Mechanismen]

 

Ein Comedian berichtet begeistert, wie er zum Modell für Whiskygenuss wurde. Er filmte sich beim Genuß von Whisky und veröffentlichte das Video. Nun fanden sich viele Follower, die gerne zu diesem Video einen Whisky genießen. Der Comedian war begeistert; dies gibt Anlass zur Annahme, daß er, wie viele andere, nicht mehr erkennen mag, daß zwischen dem Genuß eines Whisky und dem Genuß einer Vorstellung von Genuß Welten liegen. Und nicht zuletzt der Hinweis auf einen Comedian, der, anstatt zu sein, schon in einer Spiegelung sich verlor.
(Anstatt die falsche Gegenwart zu spiegeln, spiegelt er sich selbst).

 

Die Unterwerfung unter ein Modell geschieht schon mit jeder Herstellung einer Kopie; diese ist eine Verhinderung von Gegenwart, an der Stelle der Kopie hätte etwas Erschaffenes sein können als Bild von Wirklichkeit, das findet nicht statt. Es steigt das Maß des Nicht-Erschaffenen.

 

Wenngleich die biologische Existenz schon von Grund auf im Gebrauch und in der Vervielfältigung von Mustern besteht, so liegt die besondere Eigenart des Menschen darin, sinnvoll eine immer einmalige substanzlose Welt in Erscheinung oder Wahrnehmung zu bringen.

 

So kann obiger Satz zum homöopathischen Mittel wiederholt werden:

"Ein Sinn der Bestimmung eines astrologisch-homöopathischen Mittels für den Zeitgeist kann demgemäß nur im Bestreben nach einem zeitgemäßen und damit sinnvollen Ausdruck der Zeit liegen."

 

Wohl ist reine Individualität ist für den Menschen auf Grund seiner biologischen Grundsubstanz der Existenz nicht möglich, jedoch muß sich ein Streben zum sinnvollen substanzlosen zeitgemäßen Bewußtsein in der Minderung der Anwesenheit von Modellen und Kopien zeigen.

 

Astrologisch-homöopathische Heilmittel sind nicht ausgerichtet auf eine kausale Arzneiwirkung im Sinne einer Einwirkung von außen, sondern auf den Anstoß einer zeitgerechten Entwicklung von Individuen. Der Begriff "Entwicklung" im Verhältnis zum Menschen impliziert eine Gruppe von unabdingbaren, begleitenden Geschehnissen und Erfahrungsbereichen: Veränderung, Wandlung, Bewußtsein. Diese Ereignisse sind nicht absichtlich zu erwirken, denn sie können nur das Ergebnis der Bereitschaft eines freien Willens zur Begegnung mit sich selbst sein.

 

So ist jede von astrologisch-homöopathischen Mitteln - man muss sagen "begleitete" - Veränderung nicht in statistischen Verfahren und Methoden beweisbar - denn der freie Wille des Individuums ist nicht bestimmbar. Neben bewußten Anteilen gibt es unterbewußte Anteile, und der größte Teil ist - aus astrologischer Sicht - der unbewußte Anteil, der als (unbewußter) Wille die objektive Welt erschafft.

[Aus astrologischer Sicht finden hier auch die inhaltlichen Verschiebungen statt, die wir an anderen Stellen "Externalisierung von Inhalten" nannten. In der MRL benannte W.D. mit dem Mechanismus der Vertauschung von Pluto und Neptun einen ähnlichen Vorgang]

 

Zieht man in Betracht, daß die äußere Gegenwart auch in Form der objektiven Realität, aus astrologischer Sicht, zum Individuum gehört, so muß die Frage nach einem homöopathischen Mittel für den Zeitgeist als sinnvoll bejaht werden.

 

Ein solches Mittel könnte - im obigen Sinne - die Bereitschaft zum Bewußtsein der Zeit als Gegenwart fördern.

 

Welches ein solches homöopathisches Mittel sein könnte, das soll in einer folgenden Betrachtung

gezeigt werden.

 

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© Daniel Menz 2021